Hannover Marathon – meine erste deutsche Meisterschaft

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Nach einer Erholungspause und diversen Analysen kamen wir, d.h. Wolfgang und ich, eigentlich Wolfgang, auf die Idee, die Deutschen Marathon-Meisterschaften zu laufen. Die Idee fand ich mega spannend. Trotzdem haben sich im meinem Kopf tausenden Fragen gestellte: Habe ich genug Kraft, um mein Ziel zu verfolgen? Bin ich genug gesund, um so viele zu trainieren? Habe ich Zeit dafür? Würden meine Ergebnisse für das Podium ausreichen? Damals wussten wir das noch nicht, aber der Ehrgeiz war geweckt. Wir haben also gleich nach Weihnachten mit den Vorbereitungen begonnen. Wir hatten fünf Monate Zeit, denn die Meisterschaften sollten am Anfang April in Hannover stattgefunden werden. Der Winter war schon hart. Kalt, windig und sehr unangenehm…Winter in Berlin halt 🥶. Aber wie man so schön sagt: Champions werden im Winter geboren!

Das sollte unser Wettbewerb sein. Wir sollten gemeinsam an der Startlinie stehen. Mein Maestro und ich. Wolfgang wollte um den Meistertitel in seiner Altersklasse kämpfen und ich in meiner. Wir sind keine professionellen Läufer und sind noch alt dazu, also haben wir beschlossen, die echten Titel denen zu überlassen, die das Laufen richtig gut können – den sogenannten Profis😄. Ich war trotzdem so glücklich!

Nach dem Halbmarathon in Rom folgten die letzten acht Wochen der Vorbereitung auf den Big Day. Während dieser Zeit haben wir ein einwöchiges Trainingslager Berlin-Potsdam organisiert. Es war mega lustig. Wolfgang hat für uns einen abwechslungsreichen Trainingsplan erstellt. Ein für ihn und ein für mich…ja, wir hatten halt unterschiedliche Zeitziele. Der Plan war sehr abwechslungsreich, mit zwei Laufeinheiten pro Tag, mit richtigen Maß an Tempoläufen und natürlich Einheiten zum Kilometersammeln – Longrun. Krafttraining, Dehnübungen, Yoga am Morgen und Mittagsschlaf könnten auch nicht fehlen.

Ein frisches und abwechslungsreiches Menü für die Läufer habe ich selbst zusammengestellt. Mit Unterstützung von Fachliteratur und unter Juttas Anleitung. Tägliche Telefonate und gegenseitige Unterstützung haben uns beiden geholfen, weiterzumachen und den Schmerz der Belastung zu vergessen. Ich bin in einer Woche fast 210 km gelaufen. Ich hätte nie gedacht, dass ich in so kurzer Zeit so viel laufen kann. Alles lief großartig!

Marathon Hannover DM

Wie so oft im Leben ist, kommen nach dem Sonnenschein die Wolken…oder eigentlich umgedreht. Lider aber nicht diesmal. Etwa zwei Wochen vor dem Wettbewerb erlitt Wolfgang einen Herzinfarkt. Das war echt nicht fein😓. Ich war am Boden zerstört und was macht er. Sobald er seine Augen öffnet, rief er mich an und sagt mir, wie ich weiter laufen soll und gibt mir weitere Tipps & Trick… er sei wirklich unbesiegbar 💪.

Am Freitag vor dem Rennen, als ich in Hannover ankam, lagen nur 5 Zentimeter Schnee und es war -6 Grad. Im April…das kann schon vorkommen! Tja gelaufen wird es trotzdem. Zum Glück war es am Sonntag, an dem Wettkampftag, nur -4 Grad warm und die Laufstrecke schneefrei 😄.

Als ich noch an der Bushaltestelle auf den Bus wartete, traf ich einen Mitläufer, der in Wolfgangs Altersklasse lief. Wir hatten ein kurzes Gespräch und ich wollte ihm schon sagen, dass er großes Glück hatte, dass Wolfgang heute nicht dabei sein konnte, sonst hätte er nicht gewinnen können.

Es war so kalt, und ich stand da, halbnackt, mit einem Poncho vom Berliner Halbmarathon – übrigens an diesem Tag fand auch der Halbmarathon in Berlin statt. Deshalb sahen mich alle so seltsam an und lächelten mich an. Kleine Erwärmung aus dem Heimatstadt 😆.

Nach einer kurzen Verzögerung kam endlich das Startsignal und ich merkte immer noch wie kalt es mir war. Als ich mein zweites „Frühstück“ genießen wollte, waren meine Hände immer noch so tief gefroren, dass ich nicht mal den Reißverschluss meiner Laufshorts öffnen konnte, um mein Gel herauszunehmen. Aber wozu sind die anderen Läufer auf der Strecke? Und dann geschah etwas, das ich nie vergessen werde. Ein Mann, der hinter mir lief, nahm meine Handschuhe und half mir, das Gel herauszuholen und es dann zu öffnen. Er hielt meinen Handschuh solange fest, bis ich mein „Frühstück“ fertig habe. Da er ein „Wiederholungstäter“ war, tat er dies noch ein paar Mal 🙏.

Marathon Hannover DM
Foto: www.marathon-photos.com

Danach haben wir ein ‚Dreieck‘ gebaut. Er und ein anderer Läufer liefen also fast 30 km zusammen, im gleichen Tempo, mit dem gleichen aufmunternden Lächeln und dem gleichen Kampfgeist. Michael, der Handschuh-Mann, musste unser Trio leider bei Kilometer 30 verlassen, da er Knieschmerzen bekommen hat. Andreas hat mich bis zu dem gut 35 Kilometer begleitet. Dann musste er ein wenig langsamer werden und wir trafen uns an der Ziellinie wieder. Er war der erste, der mir half, meinen Chip zu entfernen. Meine Finger waren nach 42 km immer noch gefroren. Ich bin so eine Frostbeule 🥶.

Hannover DM

Wieder habe ich mein Zeitziel nicht erreicht. Ich habe auch nicht auf das Podium geschafft. Ich beendete den Lauf als 5. Frau in meiner Altersklasse mit einer Zeit von 3:04:37. Aber ich habe viel viel mehr erreicht…ich habe zwei wunderbare und unvergessliche Menschen getroffen und wieder erlebt, was es bedeutet, ein Marathonläufer zu sein. Vielen Dank, Jungs!

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